Samstag, 21.
Oktober 2017
„Die Insolvenz war das Beste, was uns passieren konnte“
Markus Langner spricht offen
über Fehlentscheidungen und Kurskorrekturen
Das Gespräch führte
Reinald Wolf
Im August vergangenen Jahres haben Markus
Langner(43) und sein Bruder Oliver für ihr
Unternehmen Antrag auf Insolvenz gestellt. Aber die Ursachen der Schieflage von
Langners Backparadies mit Sitz in Königslutter bei Braunschweig (zehn
Standorte, ein Verkaufswagen) sind weit in der Vergangenheit zu suchen
und mit einer größeren Investition verbunden. Heute führen die Brüder
die Geschäfte der neuen GmbH und haben es geschafft, das Unternehmen wieder
auf Kurs zu bringen.
ABZ: Sie
mussten Insolvenzantrag stellen.
Wie fühlt es sich an, Pleitier zu sein?
Markus Langner: Absolut
spitze (lacht) – zumindest im Nachgang. Es war nicht einfach, sich das Scheitern
einzugestehen und die Insolvenz zu beantragen. Aber es waren auch quälend
lange Jahre, in denen sich unser Unternehmen in Schieflage befand. Nach dem
Gang zum Amtsgericht waren wir regelrecht erleichtert.
Und warum hat es so lange gedauert, bis Sie die Reißleine
gezogen haben?
Langner: Die
Banken haben uns immer wieder Hoffnung gemacht, dass wir es schaffen. Außerdem
hat man immer im Kopf, dass die Insolvenz der Untergang des Unternehmerdaseins
ist.
Ist es denn nicht so?
Langner: Überhaupt
nicht, zumindest nicht in unserem Fall. Nach der Insolvenz-Beratung war uns
klar, dass wir die Insolvenz in der Situation als unternehmerische Entscheidung
sehen müssen, wenn wir den Betrieb retten wollen.
Und was war die Hauptursache für die Schieflage
von Langners Backparadies?
Langner: Unsere
Eltern haben 1994 rund 5,5 Mio. Mark in einen Neubau auf der grünen Wiese
investiert. Das Finanzierungskonzept des Beraters basierte auf einer Zehnjahresprognose
mit einer Verdoppelung des Umsatzes in den ersten fünf Jahren und einer
weiteren Verdoppelung in den darauffolgenden fünf Jahren. Gestartet
sind wir mit zwei Filialen und vier Verkaufsfahrzeugen. Das Konzept war
ausgelegt auf 20 Filialen. Eine Rechnung, die nicht aufging, weil die Prognosen
in Sachen Standortübernahme nicht funktioniert haben. Seither drücken
uns die Verbindlichkeiten – auch, weil wir mit Investitionen in die Entwicklung
neuer Standorte weiteres Geld in die Hand nehmen mussten.
Und wie haben Sie gemerkt, dass es eng wird?
Langner: Wir
sind eigentlich immer hinterhergerannt. Der Zahlungsrhythmus von drei
Wochen konnte immer öfter nicht eingehalten werden. Die Mahnungen mehrten
sich. Und nach der Übernahme, die eigentlich gut geklappt hat, mussten wir
die laufenden Kosten zahlen, ohne dass sie sinnvoll finanziert gewesen
wären. So ist aufgrund mangelnder Übernahmeerfahrung eine weitere
Belastung entstanden, die uns die Bilanz verhagelt hat. Auch wegen der
belastenden Überziehungszinsen und Säumniszuschläge.
Was haben Sie unternommen, um aus dem Schlamassel
rauszukommen?
Langner: Wir
haben versucht, mit den Banken Lösungen zu finden. Parallel dazu haben
wir den Personaleinsatz straff organisiert, defizitäre Filialen
geschlossen und unser Frühstücksgeschäft mit regelmäßigem Umsatzplus
etabliert. Aber es hat nicht gereicht.
Und wie hat es dann der Insolvenzverwalter
geschafft, das Schiff auf Kurs zu bekommen?
Langner: Er
hat Stellschrauben zur Optimierung gefunden, konnte zum Beispiel teure
Fahrzeug-Leasing- und Versicherungsverträge kündigen und hat mit besseren
Verträgen deutliche Einsparungen erzielt. Und wir haben es gemeinsam
geschafft, die Mitarbeiter auf ein gemeinsames Ziel hin zu motivieren.
Ergebnis: 9 Prozent Umsatzplus auf bestehender Fläche.
Quelle: Allgemeine BäckerZeitung vom 21.10.2017
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