OLG Frankfurt am Main, 03.01.2017 - 20 W 88/15
Leitsatz:
- 1.Der "Herausformwechsel" einer deutschen GmbH nach Italien in die dortige Rechtsform einer S.r.l. ist unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 49 und 54 AEUV bzw. vormals Art. 43 und 48 EGV grundsätzlich zulässig.
- 2.Zur entsprechenden Anwendung von § 202 Abs. 1 Nr. 1 und 3, Abs. 2 und Abs. 3 UmwG durch das Registergericht auf einen derartigen "Herausformwechsel", für den Fall, dass die entsprechende Eintragung im Handelsregister in Rom/Italien bereits erfolgt ist.
Tenor:
Das
Registergericht wird angewiesen, die Anmeldung vom 15.09.2014
(unterschriftsbeglaubigt mit Urkunde Nr. .../2014 des Notars A, Stadt1)
nicht aus den Gründen seines angefochtenen Beschlusses vom 02.02.2015
zurückzuweisen.
Gründe
I.
Die
Beschwerdeführerin ist derzeit im Handelsregister des Amtsgerichts
Frankfurt am Main als Gesellschaft mit beschränkter Haftung eingetragen,
wobei sich deren Stammkapital nach einer Erhöhung seit dem 14.06.2006
auf 500.000 € beläuft.
Im Handelsregister
eingetragener Sitz der Beschwerdeführerin ist, wie bereits zum Zeitpunkt
ihrer Gründung, Stadt1. Dem entspricht die Fassung des letzten zum
Sonderband der Registerakten genommenen Gesellschaftsvertrages der
Beschwerdeführerin in dessen § 1 (2), wo es heißt: "Die Gesellschaft hat
ihren Sitz in Stadt1 und im Rahmen der Gesetze kann sie Zweitsitze,
Filialen und Repräsentanzen - auch im Ausland - einrichten" (Bl. 208 des
Sonderbandes der Registerakten).
Alleiniger im Handelsregister eingetragener Geschäftsführer der Beschwerdeführerin ist B.
Ausweislich
der letzten im Handelsregister am 27.10.2014 aufgenommenen
Gesellschafterliste vom 21.10.2014 sind Gesellschafter der
Beschwerdeführerin der zuvor genannte Geschäftsführer mit sechs
Geschäftsanteilen in Höhe von insgesamt 421.450,00 € sowie C mit drei
Geschäftsanteilen in Höhe von insgesamt 78.550,00 €. Zuvor wies die zum
13.06.2007 erstellte, und im elektronischen Handelsregister einsehbare
Gesellschafterliste der Beschwerdeführerin neben den vorgenannten beiden
Gesellschaftern noch die Beschwerdeführerin selbst mit drei eigenen
Geschäftsanteilen in Höhe von insgesamt 25.150,00 € aus, die nunmehr
auch von dem Geschäftsführer gehalten werden.
Die
hier verfahrensgegenständliche Anmeldung des Geschäftsführers vom
15.09.2014, auf die nebst ihren Anlagen Bezug genommen wird, hat im
Wesentlichen folgenden Inhalt:
"...und melde zur Eintragung an:1. § 1 (2) des Gesellschaftsvertrages wird wie folgt geändert:"§ 1 Firma, Sitz(2) die Gesellschaft hat ihren Sitz in Rom (Italien)."
2.
Die Gesellschafter wählen als italienische Rechtsform die "società a
responsabilita limitata". Der Antrag in das Handelsregister Rom wird bei
einer vor dem italienischen Notar unverzüglich abzuhaltenden
Gesellschafterversammlung gestellt.
3. Die Gesellschaft wird ihre Geschäftsadresse unter folgender Anschrift in Italien haben: Anschrift1, Rom, Italien...".
Die
Anmeldung nimmt Bezug auf einen Gesellschafterbeschluss der
Beschwerdeführerin vom 15.09.2014 zu Urkundenrolle Nr. .../2014 des
Notars A, Stadt1, auf den Bezug genommen wird.
Ausweislich
des Inhalts dieser Urkunde ist der Geschäftsführer der
Beschwerdeführerin für sich selbst, aufgrund einer von einer
italienischen Notarin unterschriftsbeglaubigten Vollmacht des
Mitgesellschafters C vom 11.09.2014 für diesen sowie als Geschäftsführer
der Beschwerdeführerin aufgetreten und hat folgenden Beschluss gefasst:
"...1. § 1 (2) des Gesellschaftsvertrages wird wie folgt geändert:"§ 1 Firma, Sitz(2) die Gesellschaft hat ihren Sitz in Rom (Italien)."2. Die Gesellschafter wählen als italienische Rechtsform die "società a responsabilita limitata". Der Antrag an das Handelsregister Rom wird bei einer vor dem italienischen Notar unverzüglich abzuhaltenden Gesellschafterversammlung gestellt....".
Mit
Schreiben vom 29.09.2014 hat eine Rechtspflegerin des Registergerichts
den Notar A mit der Bitte um Rücknahme der Anmeldung angeschrieben
(Bl. 99 der Registerakten). Unter Bezugnahme auf eine Kommentarstelle
hat die Rechtspflegerin die Auffassung vertreten, der Satzungssitz müsse
ein Ort innerhalb Deutschlands sein. Des Weiteren sei eine inländische
Geschäftsanschrift anzugeben. Es werde darauf hingewiesen, dass eine
grenzüberschreitende Sitzverlegung derzeit noch nicht möglich sei.
Nachfolgend
hat sodann zunächst Rechtsanwalt E mit Schreiben vom 20.09.2014 unter
Bezugnahme auf ein Telefonat mit der Rechtspflegerin des
Registergerichts eine Kopie des Ausdrucks eines Urteils des OLG Nürnberg
vom 19.06.2013, Az. 12 W 520/13, an das Registergericht übersandt (Bl.
100 ff. der Registerakten).
Mit Schreiben vom
25.09.2014 an den Notar A hat die Rechtspflegerin des Registergerichts
sodann mitgeteilt, die Entscheidung des OLG Nürnberg stelle nicht fest,
dass eine grenzüberschreitende Sitzverlegung möglich sei. Das
Oberlandesgericht Nürnberg stelle vielmehr darauf ab, dass eine
grenzüberschreitende Sitzverlegung in Verbindung mit einem
entsprechenden grenzüberschreitenden Formwechsel möglich sei. Es werde
die Auffassung vertreten, dass eine grenzüberschreitende Sitzverlegung
ohne Formwechsel nicht möglich sei (Bl. 109 der Registerakten).
Daraufhin
hat Rechtsanwalt E mitgeteilt, die Auffassung des Registergerichts
werde geteilt, es werde aber darauf hingewiesen, dass unter Ziffer 2 des
Gesellschafterbeschlusses vom 15.09.2014 ausdrücklich die italienische
Rechtsform der "Società responsabilita limitata" gewählt worden sei.
Eine grenzüberschreitende formwahrende Sitzverlegung sei daher weder
beabsichtigt, noch würde diese vom italienischen Registergericht
eingetragen werden (Bl. 110 der Registerakten).
Mit
Schreiben vom 30.09.2014 hat sodann eine andere Rechtspflegerin des
Registergerichts in Beantwortung dieses Schreibens mitgeteilt, dass ein
Formwechsel den Vorschriften des Umwandlungsgesetzes unterliege und eine
Rechtswahl durch die Gesellschafter nicht ausreichend sei (Bl. 111 der
Registerakten).
Mit Schreiben vom 16.01.2015 hat der
Notar A unter Übersendung von Anlagen ergänzend vorgetragen (auf das
Schreiben nebst Anlagen wird im Einzelnen Bezug genommen, Bl. 115 ff der
Registerakten). Er hat insbesondere mitgeteilt, dass die
Beschwerdeführerin als F SRL am 3.11.2014 im Handelsregister in Rom
eingetragen worden sei, wobei das Handelsregister in Italien nicht bei
den Amtsgerichten geführt werde, sondern bei den Industrie-, Handels-,
Handwerks- und Landwirtschaftskammern. Zum Nachweis hat er auf eine
Kopie des Auszuges des "Handelsregister Rom" vom 03.11.2014 nebst
auszugsweiser beglaubigter Übersetzung Bezug genommen. Aus Letzterer
ergibt sich unter anderem folgender Eintrag:
"Eintragung Datum 03.11.2014Änderung der Firma, vorherige Firma:F GmbH ...Änderung der Rechtsform, vorherige Rechtsform:Gesellschaft, die gemäß dem Recht eines anderen Staates gegründet wurde".
Weiterhin
hat er unter anderem darauf hingewiesen, dass die Gesellschafter zuvor
am 30.10.2014 in Rom eine Gesellschafterversammlung abgehalten, eine
Satzung nach italienischem Recht beschlossen und den Antrag auf
Eintragung in das Handelsregister Rom gestellt hätten. Hierzu hat er auf
die Kopie eines von einer italienischen Notarin aufgenommenen
Protokolls dieser Gesellschafterversammlung nebst beglaubigter
Übersetzung mit entsprechender neuer Satzung nebst beglaubigter
Übersetzung Bezug genommen, aus der sich eine Beschlussfassung durch den
Mitgesellschafter C ergibt, der zum einen für sich, zum anderen aber
auch als Vertreter des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin als deren
weiterem Gesellschafter aufgetreten ist. Die Gesellschafter hätten in
der Gesellschafterversammlung vom 15.09.2014 keine rechtsformwahrende
Sitzverlegung "beantragt", sondern mit dem Antrag auf Sitzverlegung nach
Rom auch die Umwandlung der Beschwerdeführerin in die italienische, der
GmbH entsprechenden Rechtsform der Società Responsabilità Limitata
(SRL) beschlossen. Die Ansicht des Registergerichts verletze Artikel 49
und 54 AEUV. Auszugehen sei von der "Vale"-Entscheidung des EuGH vom
"12. 17.2012 C-378/10". Dort halte der EuGH letztlich fest, dass mangels
unionsrechtlicher Vorschriften für das Eintragungsverfahren das Recht
des Aufnahmemitgliedstaats für die Eintragung anzuwenden sei. Vorliegend
sei spätestens durch die Eintragung bei dem Handelsregister Rom ein
eventueller Mangel im Verfahren der Rechtsordnung des
Herkunftsmitgliedstaates (Deutschland) geheilt. Ansonsten ergebe sich
eine von der Rechtsordnung nicht zu billigende "Doppelung" der
Rechtsidentität.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom
02.02.2015 - auf den Bezug genommen wird (Bl. 121 f der Registerakten) -
hat wiederum eine andere Rechtspflegerin des Registergerichts die
Anmeldung vom 15.09.2014, "nach der die grenzüberschreitende
Sitzverlegung" eingetragen werden solle, zurückgewiesen.
Die
Gesellschaft habe die grenzüberschreitende Sitzverlegung nach Rom
(Italien) beantragt. Trotz der Hinweisschreiben des Registergerichts
habe sie bisher keine Anmeldung unter Anwendung der formwechselnden
Vorschriften, §§ 190 ff. UmwG vorgenommen. Die Gesellschaft habe mit
Schreiben vom 16.01.2015 nunmehr klargestellt, dass keine
rechtsformwahrende Sitzverlegung beantragt worden sei, sondern ein
Antrag auf Sitzverlegung nach Rom unter gleichzeitiger Umwandlung der
Gesellschaft in eine italienische GmbH gestellt worden sei. Dabei nehme
die Gesellschaft Bezug auf den Beschluss vom 15.09.2014, aus dem der
Beschluss der Gesellschafter über den Formwechsel ersichtlich sein
solle. In diesem Beschluss sei jedoch lediglich die grenzüberschreitende
Sitzverlegung beschlossen worden. Eine weitere Bezugnahme auf das UmwG
gehe aus diesem nicht hervor. Weiterhin stelle die Gesellschaft auf die
Entscheidung des EuGH zur Sache "Vale" ab. Der EuGH habe dort
entschieden, dass die Niederlassungsfreiheit gegeben sein müsse.
Allerdings habe er auch klargestellt, dass mangels Unionsvorschriften
die Anwendung zweier nationaler Rechtsordnungen erforderlich sei, zum
einen die Rechtsordnung des Zuzugsstaats und zum anderen die
Rechtsordnung des Wegzugsstaats, also hier die umwandlungsrechtlichen
Vorschriften von Luxemburg (gemeint wohl Italien) und Deutschland. Der
EuGH stelle in der Hauptsache jedoch auch klar, dass
Umwandlungsvorschriften gleichermaßen gelten müssten, das heißt für den
Wegzug gleiche Vorschriften gelten müssten, wie für den Zuzug. Daher
ergebe sich auch bei dem Wegzug aus Deutschland die Prüfung der
formwechselnden Umwandlung, worauf die Gesellschaft mehrfach hingewiesen
worden sei. Die "Vale-Entscheidung" des EuGH sei hier im Grundsatz im
Übrigen gar nicht anzuwenden, da hier nicht der Fall vorliege, dass sich
der Zuzugsstaat weigere, eine Eintragung vorzunehmen. Im Gegenteil,
eine Eintragung sei in Rom wohl schon erfolgt. Auch gebe es keine
Rechtsgrundlage, nach der ausländische Eintragungen den Mangel nach
deutschem Recht heilen könnten.
Gegen diesen, dem
Notar A am 06.02.2015 zugestellten Beschluss, hat dieser mit Schreiben
an das Registergericht vom 06.03.2015 - dort eingegangen am selben Tag -
Beschwerde eingelegt, auf die wegen ihrer Begründung im Einzelnen Bezug
genommen wird (Bl. 127 ff der Registerakten).
Es
sei eindeutig, dass die Gesellschafter mit dem Beschluss vom 15.09.2014
die ursprüngliche Rechtsform der GmbH nicht behalten wollten und daher
keine rechtsformwahrende Sitzverlegung - wie dies die Rechtspflegerin
offensichtlich vertrete - beabsichtigt hätten. Der EuGH habe in der
"Vale-Entscheidung" den Äquivalenz-Grundsatz bestätigt, nach dem die
Modalitäten, die den Schutz der den Rechtssuchenden aus dem Unionsrecht
erwachsenen Rechte gewährleisten sollten, zwar Sache der
innerstaatlichen Rechtsordnung eines jeden Mitgliedstaates seien, aber
nicht ungünstiger sein dürften als diejenigen, die gleichartige
innerstaatliche Sachverhalte regeln würden. Hätte "ein deutsches
Handelsgericht die Gesellschaft eingetragen, obwohl Vorschriften des
Umwandlungsgesetzes nicht beachtet worden wären, wäre gem. § 202 Abs. 1
S. 3 Umwandlungsgesetz dieser Mangel durch die Eintragung geheilt". Die
Weigerung, die Beschwerdeführerin aus dem deutschen Handelsregister
auszutragen und somit das Registergericht Rom anders zu behandeln, als
ein deutsches Registergericht, sei mit den Artikeln 49 und 54 AEUV nicht
vereinbar. Richtig sei, dass der EuGH klargestellt habe, dass die
Anwendung zweier nationaler Rechtsordnungen erforderlich sei; im
dortigen Fall habe sich aber der Aufnahmestaat geweigert, die
Gesellschaft einzutragen, weil Voraussetzungen des nationalen Rechts des
Aufnahmestaates nicht erfüllt worden seien. Der EuGH erkenne das Recht
des Aufnahmestaates an, die Voraussetzungen für einen
Zuzug/Sitzverlegung zu regeln, sie dürften aber Gesellschaften eines
anderen Mitgliedstaates nicht behindern. Anders sei der Fall hier: hier
habe der Aufnahmestaat die Sitzverlegung vorgenommen. Eine
unionsfreundliche Auslegung der Art. 49 und 54 AEUV müsse hier zum
Schluss führen, dass der Ursprungsstaat die Sitzverlegung nicht
behindern oder erschweren dürfe, zudem - wie in diesem Fall - keine
schutzbedürftigen Dritten (beispielsweise Gläubiger oder Arbeitnehmer)
im Inland vorhanden seien.
Mit Beschluss vom
10.03.2015 hat die Rechtspflegerin des Registergerichts der Beschwerde
aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses nicht abgeholfen, und sie
hat diese zur Entscheidung dem Oberlandesgericht vorgelegt (Bl. 133 der
Registerakten).
II.
Die
Beschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, so insbesondere
form- und fristgerecht erhoben worden. Der Senat geht dabei davon aus,
dass die von dem Notar A eingelegte Beschwerde, aus der sich nicht
eindeutig ergibt, in wessen Namen sie eingelegt worden ist, nicht in
dessen eigenen Namen eingelegt wurde, was zur Unzulässigkeit der
Beschwerde geführt hätte, sondern im Namen der von der Zurückweisung der
Anmeldung vom 15.09.2014 alleine in ihren Rechten betroffenen
Beschwerdeführerin.
Die Beschwerde führt auch zur
Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des Registergerichts vom
02.02.2015. Die von der Rechtspflegerin des Registergerichts angeführten
Gründe für die Zurückweisung der Anmeldung vom 15.09.2014 tragen diese
nicht. Das Registergericht wird daher nunmehr erneut über die Anmeldung
vom 15.09.2014 unter Beachtung der nachfolgenden Rechtsausführungen des
Senats in diesem Beschluss zu entscheiden haben.
Soweit
mit dem angefochtenen Beschluss des Registergerichts jedenfalls
ausweislich seines Tenors die "Anmeldung vom 15.09.2014, nach der die
grenzüberschreitende Sitzverlegung eingetragen werden soll"
zurückgewiesen worden ist, umfasst dieser Tenor für sich genommen nicht
den vollständigen Inhalt der zurückgewiesenen Anmeldung vom 15.09.2014.
Eine
Handelsregisteranmeldung ist als Verfahrenshandlung der Auslegung
zugänglich. Sie ist lediglich die Grundlage der vom Registergericht
vorzunehmenden Eintragung im Handelsregister. Diesen Anforderungen wird
eine Anmeldung gerecht, wenn sie die einzutragende Tatsache eindeutig
und vollständig bezeichnet. Die Anmeldung muss deshalb nicht zwingend
einen bestimmten Wortlaut haben. Insbesondere ist der Anmeldende nicht
verpflichtet, eine Anmeldung vorzulegen, die mit dem Wortlaut der im
Register vorzunehmenden Eintragung deckungsgleich ist oder so abgefasst
ist, dass der Anmeldungstext ohne Änderung in das Handelsregister
übernommen werden kann. Die Formulierung der Eintragung im Register ist
vielmehr ausschließlich Sache des Registergerichts (vgl. insgesamt u.a.
Krafka/Kühn, Registerrecht, 9. Auflage, 213, Rn. 76 m.w.N. zur insoweit,
soweit ersichtlich, einhelligen Rechtsprechung; siehe auch OLG
Nürnberg, Beschluss vom 19.11.2014, Az. 12 W 2217/14, zitiert nach
juris, m.w.N.). Nach diesen Maßstäben genügt die Anmeldung hier den an
sie zu stellenden Anforderungen. In Ziffer 2. dieser Anmeldung ist neben
der in Ziffer 1. angemeldeten Sitzverlegung nach Rom (Italien) nämlich
ausdrücklich formuliert, dass die Gesellschafter als italienische
Rechtsform die "società a responsabilità limitata" wählen und der Antrag
in das Handelsregister Rom bei einer vor dem italienischen Notar
unverzüglich abzuhaltenden Gesellschafterversammlung gestellt wird.
Daraus wird ohne Weiteres deutlich, dass für die Beschwerdeführerin
nicht lediglich eine rechtsformwahrende Sitzverlegung nach Italien
angemeldet werden sollte, sondern vielmehr ein mit der Sitzverlegung
verbundener Rechtsformwechsel von einer deutschen Gesellschaft mit
beschränkter Haftung (GmbH) in eine italienische Societa a
responsibilità limitata (nachfolgend: S.r.l.), also die italienische
Parallelform zur deutschen GmbH (vgl. zu Letzterem:
Lutter/Bayer/Schmidt, Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht,
5. Aufl. 2012, § 11, Rn. 6).
Entgegen der in
Absatz 1 der Gründe des angefochtenen Beschlusses geäußerten Auffassung
des Registergerichts liegt also gerade die Anmeldung eines mit einer
Sitzverlegung verbundenen Rechtsformwechsels vor.
Soweit
das Registergericht dann in Absatz 2 der Gründe seines angefochtenen
Beschlusses darauf hinweist, "mit Schreiben vom 16.01.2015" sei "nunmehr
klar, dass keine rechtsformwahrende Sitzverlegung beantragt wurde,
sondern ein Antrag auf Sitzverlegung nach Rom unter gleichzeitiger
Umwandlung der Gesellschaft in eine italienische GmbH", demgegenüber
jedoch in dem Gesellschafterbeschluss vom 15.09.2014 ein Formwechsel
nicht ersichtlich sei, sondern lediglich die grenzüberschreitende
Sitzverlegung beschlossen worden sei, kann auch dem nicht gefolgt
werden. Der besagte Gesellschafterbeschluss vom 15.09.2014 entspricht
vielmehr inhaltlich der Anmeldung und ist schon seinem Wortlaut nach als
ein Beschluss über den mit der Sitzverlegung beschlossenen Wechsel der
Rechtsform von einer deutschen GmbH in eine italienische S.r.l. zu
verstehen. Darauf, dass bei der Beschlussfassung tatsächlich keine
ausdrückliche Bezugnahme auf das Umwandlungsgesetz erfolgt ist, worauf
das Registergericht in diesem Zusammenhang hinweist, kommt es im Rahmen
der Auslegung des Beschlusses nicht an.
Somit geht
es vorliegend also nicht um den Fall einer formwahrenden Sitzverlegung
einer deutschen GmbH in das EU-Ausland, die nach heute noch immer
herrschender Auffassung unzulässig sein soll, was auch durch die
Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu CARTESIO (Urteil
vom 16.12.2008, Az. C-210/06, zitiert nach juris, Rn. 124) gedeckt
werde, wonach der Niederlassungsfreiheit Rechtsvorschriften eines
Mitgliedstaates nicht entgegenstünden, die es einer nach dem nationalen
Recht dieses Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaft verwehren, ihren
Sitz in einen anderen Mitgliedstaat zu verlegen und dabei ihre
Eigenschaft als Gesellschaft des nationalen Rechts des Mitgliedstaats,
nach dessen Recht sie gegründet wurde, zu behalten (vgl. u.a. Fastrich
in Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl., 2017, § 4a, Rn. 9, m.w.N.; Bayer in
Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl., 2016, § 4a, Rn. 17, m.w.N.;
Goette, DStR 2009, 128; vgl. auch die vielfältigen Nachweise bei Roth in
Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl., 2015, § 4a, Rn. 22, 23).
Im
Hinblick darauf, dass mit der Sitzverlegung nach Italien also auch der
Wechsel in die dort als Rechtsform anerkannte S.r.l verbunden sein soll,
kann der Gesellschafterbeschluss über die Sitzverlegung in das Ausland
somit auch nicht als Auflösungsbeschluss der Beschwerdeführerin - mit
den entsprechenden Folgen einer Abwicklung - ausgelegt werden (vgl.
hierzu Jaeger in Beck'scher Online-Kommentar GmbHG, Stand 01.08.2016,
§ 4a, Rn. 9a m.w.N.; siehe auch die Nachweise bei Roth, a.a.O., Rn. 23);
dies hat aber auch das Registergericht bislang jedenfalls nicht
ausdrücklich angenommen.
Weiterhin ist davon
auszugehen, dass auch der vorliegende "Wegzugsfall" bzw.
"Herausformwechsel" einer deutschen GmbH nach Italien als Mitgliedsland
der Europäischen Union, bei dem es sich - wie gesagt - nicht um eine
Sitzverlegung unter Wahrung ihrer Identität als deutsche GmbH, sondern
um einen mit der Sitzverlegung verbundenen Formwechsel durch Wahl der
Rechtsform der italienischen S.r.l. handelt, trotz der Regelungen in § 1
Abs. 1 Nr. 4 UmwG, bzw. § 191 Abs. 2 UmwG grundsätzlich möglich ist.
Die dortigen Regelungen, wonach Rechtsträger mit Sitz im "Inland" durch
Formwechsel umgewandelt werden können, bzw. der auf deutsche
Rechtsträger bezogene Kanon der Rechtsträger, die nur Rechtsträger neuer
Rechtsform sein können, sind nämlich unter Beachtung der Rechtsprechung
des EuGH unionsrechtskonform im Sinne einer derartigen Möglichkeit
auszulegen (vgl. u.a. Decher/Hoger in Lutter, UmwG, 5. Aufl., 2014, Vor
§ 190, Rn. 40; Bayer in Lutter/Hommelhoff, a.a.O.; Bayer/Schmidt, ZIP
2012, 1481 ff, 1491; Drinhausen in Semler/Stengel, UmwG, 3. Aufl.,2012,
Einleitung C, Rn. 33; zur unionsrechtskonformen Auslegung auch bereits
OLG Nürnberg im Zusammenhang mit einer Entscheidung zu einem
"Hereinformwechsel" einer Gesellschaft mit beschränktem Recht nach
luxemburgischen Recht nach Deutschland, Beschluss vom 19.06.2013, Az.
12 W 520/13, Rn. 35, zitiert nach juris; zur systematischen Herleitung
der unionsrechtskonformen Auslegung vgl. Hübner, IPrax 2015, 134, ff,
136 m.w.N.; für die grundsätzliche Zulässigkeit der identitätswahrenden
"Herausumwandlung" innerhalb der EU-(EWR) Mitgliedsstaaten u.a. auch
Bungert/de Raet, DB 2014, 761 ff, 764; Goette, a.a.O.; Jaeger, a.a.O.,
Rn. 9; Leible/Hoffmann, BB 2009, 58 ff, 60; Fastrich, a.a.O., Rn. 10;
Roth a.a.O., Rn. 50a; Kallmeyer in Kallmeyer, UmwG, 4. Aufl., 2010, § 1,
Rn. 12; Wicke, DStR 2012, 1756 ff, 1758; Teichmann, ZIP 2009, 393 ff,
402; Kindler, EuZW 2012, 888 ff, 890; Hörtnagel in
Schmitt/Hörtnagel/Stratz, UmwG, 7. Aufl., 2016, § 1, Rn. 55; Schön, ZGR
2013, 333 ff, 357 ff; a.A. Marsch-Barner in Kallmeyer, a.a.O., § 122a,
Rn. 14; Quass in Maulbetsch/Klumpp/Rose, UmwG, 2008, §190, Rn. 12 und
OLG München, Beschluss vom 04.10.2007, Az. 31 Wx 36/07, zitiert nach
Beck-Online, wenn es im Rahmen der dort beurteilten Sitzverlegung von
Deutschland nach Portugal erklärt, eine identitätswahrende Auswanderung
einer Kapitalgesellschaft nach deutschem Recht sei nicht zulässig und
dies gelte unabhängig davon, ob sie die Rechtsform der GmbH nach
deutschem Recht beibehalten wolle oder - wie dort - eine entsprechende
Rechtsform nach dem Recht des Zuzugsstaats annehmen wolle; insoweit
dürfte allerdings von erheblicher Bedeutung sein, dass diese
Feststellungen des OLG München sogar noch vor dem Urteil des EuGH zu
CARTESIO getroffen wurden).
Der EuGH hat zunächst
bereits in seinem Urteil zu SEVIC (Urteil vom 13.12.2005, Az. C-411/03,
Rn. 19, zitiert nach juris) dargelegt, dass grenzüberschreitende
Verschmelzungen wie andere Gesellschaftsumwandlungen den
Zusammenarbeits- und Umgestaltungsbedürfnissen von Gesellschaften mit
Sitz in verschiedenen Mitgliedstaaten entsprechen. Diese stellen nach
den weiteren Ausführungen des EuGH besondere, für das reibungslose
Funktionieren des Binnenmarktes wichtige Modalitäten der Ausübung der
Niederlassungsfreiheit dar und gehören damit zu den wirtschaftlichen
Tätigkeiten, hinsichtlich deren die Mitgliedstaaten die
Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 EGV beachten müssen. Auf diese
Feststellungen hat der EuGH dann ausdrücklich in seinem Urteil vom
12.07.2012 zu VALE (Az.C-378/10, zitiert nach juris, Rn. 24) Bezug
genommen und bestätigt, dass Umwandlungen von Gesellschaften
grundsätzlich zu den wirtschaftlichen Tätigkeiten gehören, hinsichtlich
deren die Mitgliedstaaten die Niederlassungsfreiheit beachten müssen.
Weiterhin
hat der EuGH in seinem Urteil zu CARTESIO (a.a.O., Rn. 111 - 113) -
wenn auch wohl nur in Form eines obiter dictums - dargelegt, dass der
Fall einer Sitzverlegung einer nach dem Recht eines Mitgliedstaats
gegründeten Gesellschaft in einen anderen Mitgliedstaat ohne Änderung
des für sie maßgeblichen Rechts von dem - auch hier vorliegenden - Fall
zu unterscheiden ist, dass eine Gesellschaft aus einem Mitgliedstaat in
einen anderen Mitgliedstaat unter Änderung des anwendbaren nationalen
Rechts verlegt und dabei in eine dem nationalen Recht des zweiten
Mitgliedstaats unterliegende Gesellschaftsform umgewandelt wird. In dem
letztgenannten Fall kann nach den Darlegungen des EuGH die Befugnis
eines Mitgliedstaats, die Anknüpfung zu bestimmen, die eine Gesellschaft
aufweisen muss, um nach seinem innerstaatlichen Recht als gegründet
angesehen werden und damit in den Genuss der Niederlassungsfreiheit
gelangen zu können, als auch die Anknüpfung, die für den Erhalt dieser
Eigenschaft verlangt wird, es nicht rechtfertigen, dass der
Gründungsmitgliedstaat die Gesellschaft dadurch, dass er ihre Auflösung
und Liquidation verlangt, daran hindert, sich in eine Gesellschaft nach
dem nationalen Recht dieses anderen Mitgliedstaats umzuwandeln, soweit
dies nach diesem Recht möglich ist. Ein solches Hemmnis für die
tatsächliche Umwandlung - ohne vorherige Auflösung und Liquidation -
einer solchen Gesellschaft in eine Gesellschaft des nationalen Rechts
des Mitgliedstaats, in den sie sich begeben möchte, stellt danach eine
Beschränkung der Niederlassungsfreiheit der betreffenden Gesellschaft
dar, die, wenn sie nicht zwingenden Gründen des Allgemeininteresses
entspricht, nach Art. 43 EGV verboten ist.
Auch wenn
der EuGH in der oben bereits zitierten Entscheidung zu VALE (a.a.O) den
Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit bei einer
grenzüberschreitenden Umwandlung aus der Sicht des Rechts des
Zuzugsstaats - dort also des ungarischen Rechts - zu beurteilen hatte,
setzen die dortigen Ausführungen des EuGH denknotwendigerweise voraus,
dass auch der Wegzug aus dem Gründungsstaat zur Vornahme einer
grenzüberschreitenden Umwandlung grundsätzlich unter Berücksichtigung
der Niederlassungsfreiheit zu beurteilen ist. Diese
Niederlassungsfreiheit ist dann bei der nach den weiteren Darlegungen
des EuGH zu VALE erforderlichen sukzessiven Anwendung von zwei
nationalen Rechtsordnungen zu beachten. Der EuGH hat zu VALE weiterhin
dargelegt, dass das abgeleitete Unionrecht derzeit keine speziellen
Vorschriften für grenzüberschreitende Umwandlungen enthalte - auch wenn
solche Vorschriften zur Erleichterung grenzüberschreitender Umwandlungen
gewiss hilfreich wären -, deren Existenz jedoch keine Vorbedingung für
die Umsetzung der in Art. 49 und 54 AEUV verankerten
Niederlassungsfreiheit sein könne. Daraus folgt für den EuGH zu VALE,
dass die eine grenzüberschreitende Umwandlung ermöglichenden
Bestimmungen nur im nationalen Recht zu finden sein können, und zwar im
Recht des Herkunftsmitgliedstaats, dem die Gesellschaft unterliegt, die
eine Umwandlung vornehmen möchte, und dem Recht des
Aufnahmemitgliedstaats, dem die Gesellschaft nach der Umwandlung
unterliegen wird. Weiterhin hat der EuGH zu VALE dargelegt, dass der
Rechtssuchende ein durch die Unionsrechtsordnung verliehenes Recht hat,
eine grenzüberschreitende Umwandlung vorzunehmen, deren Durchführung
mangels Unionsregeln von der Anwendung des nationalen Rechts abhängt.
Dabei lassen sich nach den Darlegungen des EuGH zu VALE aus den Art. 49
und 54 AEUV zwar keine genauen Regeln ableiten, die an die Stelle der
nationalen Vorschriften treten könnten, doch sei deren Anwendung nicht
jeder Kontrolle anhand der Art. 49 und 54 AEUV entzogen. Zwar weist der
EuGH zu VALE auf seine ständige Rechtsprechung hin, wonach die
Modalitäten, die den Schutz der den Rechtssuchenden aus dem Unionsrecht
erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, in vielen Bereichen mangels
einer einschlägigen Unionsregelung die Sache der innerstaatlichen
Rechtsordnung eines jeden Mitgliedstaats sind. Diese Modalitäten dürfen
nach seinen weiteren Ausführungen jedoch nicht ungünstiger sein, als
diejenigen, die gleichartige innerstaatliche Sachverhalte regeln
(Äquivalenzgrundsatz) und die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung
verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig
erschweren (Effektivitätsgrundsatz).
Unter
Berücksichtigung der genannten Urteile des EuGH unterliegt es somit
keinem Zweifel, dass eine unionsrechtskonforme Rechtsanwendung dazu
führt, dass auch der vorliegende "Herausformwechsel" nach Italien wegen
des durch Art. 49 und 54 des Vertrages über die Arbeitsweise der
Europäischen Union (AEUV; vormals Art. 43 und 48 EGV) auch für eine
Kapitalgesellschaft abgesicherten Rechts auf freie Niederlassung dem
Grunde nach zulässig ist.
Dem steht hier auch nicht
entgegen, dass es sich bei dem vorliegenden "Herausformwechsel" einer
deutschen GmbH in eine italienische S.r.l. genau genommen nicht um einen
Formwechsel im Sinne des deutschen Umwandlungsrechts handelt, bei dem
ein Formwechsel einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung in eine
andere Gesellschaft mit beschränkter Haftung nicht vorgesehen ist. Wenn
schon ein "rechtsforminkongruenter Herausformwechsel" dem Grund nach
zulässig ist, kann für einen "rechtsformkongruenten Herausformwechsel" a
maiore ad minus nichts anders gelten, zumal der EuGH ja gerade einen
derartigen Fall eines "rechtsformkongruenten" Formwechsels einer
italienischen S.r.l. in eine ungarische Kft, also in die ungarische
Parallelform zur GmbH, in seinem Urteil zu VALE entschieden hat (vgl.
Bayer/Schmidt, a.a.O., S. 1488 f; vgl. auch Kindler, a.a.O., 890).
Dass
bislang weder der europäische noch der deutsche Gesetzgeber die oben
dargelegten Ausführungen des EuGH zu SEVIC, CARTESIO und VALE zum Anlass
genommen haben, dafür Sorge zu tragen, dass dem somit grundsätzlich
zulässigen "Herausformwechsel" eine Gestalt in Form von entsprechenden
und aufeinander abgestimmten Verfahrensnormen gegeben wurde, die zu
einer für die Beteiligten, aber auch für die befassten Registergerichte
oder Registerstellen erforderlichen Rechtssicherheit hätte führen
können, ändert an der Zulässigkeit des "Herausformwechsels" nichts (zum
Stand der allgemein und - wie auch der vorliegende Fall zeigt - zu Recht
als dringend angemahnten Maßnahmen im Rahmen einer
"Sitzverlegungsrichtlinie" bzw. von Maßnahmen des deutschen Gesetzgebers
vgl. u.a. Bungert/de Raet, a.a.O., 762, 763; Fastrich, a.a.O., Einl.
Rn. 34; Teichmann, DB 2012, 208 ff, 2091 f; Bayer in Lutter/Hommelhoff,
a.a.O., Rn. 18; Bayer/Schmidt, a.a.O. 1491, 1492). Der EuGH hat insoweit
- wie oben bereits dargelegt - zu VALE (a.a.O., Rn. 38) zu Recht
ausdrücklich dargelegt, dass die Existenz derartiger Normen gerade keine
Vorbedingung für die Umsetzung der in Art. 49 und 54 AEUV verankerten
Niederlassungsfreiheit sein könne.
Allerdings hat
der EuGH zu VALE (a.a.O., Rn. 37, 43, 44) für die Vornahme einer
grenzüberschreitenden Umwandlung in Kenntnis des Umstandes, dass es auch
in dem von ihm entschiedenen Fall an entsprechenden den
grenzüberschreitenden Formwechsel regelnden Richtlinien oder Gesetzen
mangelte, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die grenzüberschreitende
Umwandlung die sukzessive Anwendung von zwei nationalen Rechtsordnungen
erfordert, also des Rechts des Herkunftsmitgliedstaats, dem die
Gesellschaft unterliegt, die eine Umwandlung vornehmen möchte und des
Rechts des Aufnahmemitgliedstaats, dem die Gesellschaft nach der
Umwandlung unterliegen wird. Diese Feststellung des EuGH bestätigt das,
was auch überwiegend in der deutschen Literatur vertreten und dort
teilweise ausdrücklich als kollisionsrechtliche "Vereinigungstheorie"
bezeichnet wird, nach der sowohl das Recht des Wegzugsstaats- als auch
des Zuzugsstaats anzuwenden ist (vgl. zu dieser Begrifflichkeit u.a.
Mayer in Münchener Kommentar zum GmbHG, 2. Aufl., 2015, § 4a, Rn. 66b;
Schön, a.a.O., 361; Bayer/Schmidt, a.a.O., 1490; Hörtnagl, a.a.O.,
Rn. 58 ff m.w.N.). Dabei können die betroffenen Registergerichte oder
-behörden jeweils allerdings nur auf das eigene Recht zurückgreifen, das
jedoch europarechtskonform auszulegen ist.
Wegen
des danach auf deutscher Seite insoweit anwendbaren Rechts, das - wie
gesagt - noch immer keine speziellen Verfahrensregeln für den
vorliegenden "Herausformwechsel" normiert hat, wird überwiegend
abgestellt auf eine entsprechende oder gar direkte Anwendung der -
mangels Anwendbarkeit des ausländischen Rechts des Zielortes - nur in
Frage kommenden deutschen Regelungen über den Formwechsel in §§ 190 ff
UmwG, teilweise auch ergänzt oder ersetzt durch die Regelungen in § 122a
ff UmwG zur grenzüberschreitenden Verschmelzung oder in §§ 12 ff SEAG
zur Sitzverlegung einer SE, jedenfalls soweit den genannten Bestimmungen
keine transnationalen Besonderheiten entgegenstehen, aber auch auf
Art. 8 SE-VO, Art. 13 ff EWIV-VO oder Art. 7 SCE-VO (vgl. im Einzelnen
zu den verschiedenen Ansätzen u.a. Decher/Hoger, a.a.O., § 190, Rn. 39
f; Bayer in Lutter/Hommelhoff, a.a.O., Rn. 17; Teichmann, DB, 2012,
2085 ff, 2089 ff; Schön, a.a.O., 361 ff; Kindler, a.a.O., 890, 892;
Bayer/Schmidt, a.a.O., 1488 ff, 1491; Wicke, a.a.O., 1758 f; Verse,
ZEuP, 2013, 459 ff, 484 ff; Roth, a.a.O., Rn. 50a; Hübner, a.a.O.,
138 f; Bungert/de Raet, a.a.O., 764 f; das OLG Nürnberg geht in seinem
Beschluss vom 19.06.2013, a.a.O., Rn. 34, unter Berufung auf
Krafka/Kühn, a.a.O., Rn.1211e von einer europarechtskonformen Anwendung
der §§ 190 ff. UmwG aus; kritisch gegenüber einer Anwendung der §§ 190
ff UmwG: Neye, EWiR 2014, 45 f, 46 [OLG Nürnberg 19.06.2013 - 12 W 520/13]).
Dabei
steht einer analogen Anwendung der Bestimmungen des UmwG jedenfalls das
in § 1 Abs. 2 UmwG für das deutsche Recht geregelte Analogieverbot
nicht entgegen, da auch insoweit die im Unionsrecht normierte
Niederlassungsfreiheit Vorrang gegenüber dem inländischen Analogieverbot
hat (vgl. u.a. Behrens/Hoffmann in Ulmer/Habersack/Löbbe, Großkommentar
zum GmbHG, 2013, Einl. B., B 152; Hörtnagl, a.a.O., Rn. 58; Drinhausen
in Semler/Stengel, a.a.O., Einleitung C, Rn. 34).
Damit
die nach Ansicht des Senats - wie oben bereits dargelegt - auch für den
vorliegenden "Herausformwechsel" geltende Niederlassungsfreiheit
innerhalb der Europäischen Union letztlich nicht mangels Fehlens
jeglicher entsprechender Verfahrensvorschriften faktisch in die Leere
läuft, hält der Senat - soweit das deutsche Registergericht durch das
Verfahren des "Herausformwechsels" betroffen ist - zumindest einen
Rückgriff auf die zuvor genannten Regelungen des UmwG in §§ 190 ff UmwG
für zulässig, wobei im Einzelfall eine europarechtskonforme
entsprechende Anwendung geboten ist.
Dem Grundsatz
nach ist dem Registergericht vorliegend also beizupflichten, wenn es in
seinem angefochtenen Beschluss darlegt, dass auch bei einem "Wegzug" aus
Deutschland eine "Prüfung der formwechselnden Umwandlung" erfolgt.
Der
Senat teilt jedoch die Ansicht des Registergerichts nicht, wonach die
von ihm - trotz des lediglich in einfacher Kopie übersandten "Auszuges
des Handelsregister Rom vom 03.11.2014" - bislang nicht weiter in Frage
gestellte Eintragung der Beschwerdeführerin im Handelsregister in
Rom/Italien bei der von ihm vorzunehmenden Prüfung der
"Herausumwandlung" ohne Bedeutung ist.
Vielmehr sind
bei einer europarechtskonformen Auslegung der entsprechenden deutschen
Bestimmungen des Umwandlungsgesetzes nach Ansicht des Senats für das
deutsche Registerverfahren auch die hier maßgeblichen in § 202 Abs. 1
Nr. 1 und 3, Abs. 2 und Abs. 3 UmwG normierten Regelungen entsprechend
anzuwenden (so bezüglich des Bestandsschutzes bei einer Eintragung
entsprechend § 202 Abs. 3 UmwG wohl auch Decher/Hoger, a.a.O., § 202,
Rn. 55; so jedenfalls bezüglich der Anwendung von § 202 Abs. 1 und
2 UmwG auch Krafka/Kühn, a.a.O., Rn. 1211d). Wenn man, wie bislang wohl
das Registergericht, von einer Eintragung der Beschwerdeführerin im
Handelsregister in Rom/Italien ausgeht, würde eine Nichtanwendung dieser
Regelungen dazu führen, dass die dort normierten Rechtsfolgen nur
deswegen nicht zum Tragen kämen, weil es sich bei dem Handelsregister in
Rom/Italien nicht um ein Handelsregister eines deutschen
Registergerichts handelt. Eine derartige selektive Anwendung der
deutschen Regelungen zum Umwandlungsrecht, die unterschiedliche
Rechtsfolgen an die Eintragung im neuen Register knüpfen würde, je
nachdem, ob es sich um den Fall eines innerstaatlichen Formwechsels
handeln würde oder aber um einen gleichartigen Fall eines innerhalb der
Europäischen Union erfolgenden "Herausformwechsels", würde im Ergebnis
zu einer Benachteiligung der Beschwerdeführerin führen, die mit dem
Äquivalenzgrundsatz nicht vereinbar wäre.
Allerdings
können nach dem EuGH zu VALE (a.a.O., Rn. 39) zwingende Gründe des
Allgemeininteresses, wie der Schutz der Interessen von Gläubigern,
Minderheitsgesellschaftern und Arbeitnehmern sowie die Wahrung der
Wirksamkeit steuerlicher Kontrollen und der Lauterkeit des
Handelsverkehrs die Niederlassungsfreiheit dann einschränken, wenn eine
solche Maßnahme zur Erreichung der verfolgten Ziele geeignet ist und
nicht über das hinausgeht, was zu ihrer Erreichung erforderlich ist. An
diesem Maßstab sind dann bei der erforderlichen europarechtskonformen
Auslegung auch die auf den "Herausformwechsel" im Einzelnen angewendeten
deutschen Normen zu messen.
Vorliegend geht es aber
gerade nicht um die Frage, welche Normen des deutschen Rechts zum
Schutz der genannten Rechte und Ziele bei einem "Herausformwechsel"
grundsätzlich Anwendung finden können. Dabei handelt es sich
beispielsweise um solche Normen - deren Anwendung teilweise in der
Literatur ausdrücklich als nicht der Niederlassungsfreiheit
entgegenstehend angesehen werden (so u.a. Behrens/Hoffmann, a.a.O., B
163; Wicke, a.a.O., 1758 m.w.N.; Teichmann, ZIP 2009, a.a.O. 402 f;
Jaeger, a.a.O., Rn. 9a) - die den Gläubigerschutz gewährleisten sollen
(§ 204 UmwG i.V.m. § 22 UmwG, bzw. nach anderer Ansicht § 122 j UmwG),
oder aber den Schutz der (Minderheits-) Gesellschafter durch den
Abschluss eines Umwandlungsbeschlusses nach §§ 193, 194 UmwG oder eines
Umwandlungsberichts nach § 192 UmwG. Es geht hier vielmehr um die davon
zu unterscheidende Frage, welche Rechtsfolgen mit der Eintragung im
neuen Register der formwechselnden Gesellschaft verbunden sind.
Besondere Gründe, die dabei eine unterschiedliche Behandlung des
"Herausformwechsels" gegenüber dem innerstaatlichen Rechtsformwechsel
zwingend erforderlich machen würden, sieht der Senat jedoch nicht.
Ohne,
dass es noch darauf ankäme, kommt hinzu, dass - wie gesagt - de lege
lata im deutschen Recht die formwechselnde "Herausumwandlung" überhaupt
nicht vorgesehen ist und der EuGH jedenfalls in seinen Urteilen zu SEVIC
(a.a.O., Rn. 30) und dann auch zu VALE (a.a.O., Rn 40) - allerdings
jeweils zur "Hereinverschmelzung" bzw. "Hereinumwandlung" - festgestellt
hat, dass dann, wenn in einem Mitgliedstaat die Eintragung einer
Verschmelzung bzw. einer grenzüberschreitenden Umwandlung generell
verweigert werde, diese auch dann nicht erfolgen könnten, wenn die zur
Einschränkung der Niederlassungsfreiheit berechtigenden Interessen nicht
bedroht seien, was dazu führe, dass dies über das hinausgehe, was zur
Erreichung des Schutzes der genannten Interessen erforderlich sei.
Somit
wird das Registergericht im vorliegenden Fall, jedenfalls soweit es bei
seiner bisher wohl nicht in Frage gestellten Annahme einer Eintragung
der Beschwerdeführerin im Handelsregister in Rom/Italien bleibt, für
sein weiteres Verfahren davon auszugehen haben, dass die
Beschwerdeführerin mit der erfolgten neuen Eintragung in der neuen
Rechtsform als S.r.l. des italienischen Rechts weiterbesteht
(entsprechend § 202 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UmwG).
Weiterhin
wird das Registergericht ausgehend von der Annahme der Eintragung im
Handelsregister in Rom/Italien davon auszugehen haben, dass auch der
Umstand eines fehlenden Umwandlungsberichts - dessen Verzicht dem Inhalt
der vorgelegten Gesellschafterbeschlüsse schon nicht eindeutig zu
entnehmen ist, unabhängig von der Frage, ob insoweit auch die
Beurkundung des weiteren Beschlusses vom 30.10.2014 durch eine
italienische Notarin im Hinblick auf § 192 Abs. 2 S. 2 UmwG jedenfalls
in vorliegendem Kontext ausreichend sein könnte - die Wirkungen der
Eintragung im neuen Register unberührt lässt (entsprechend § 202 Abs. 3
bzw. 202 Abs. 1 Nr. 3 UmwG).
Nichts anderes gilt
dann auch für den bislang nicht sämtliche in § 194 Abs. 1 UmwG
aufgestellten Anforderungen erfüllenden Umwandlungsbeschluss und auch
für die Frage, ob die Vollmacht des Gesellschafters C vom 11.09.2014 zur
Vornahme des beschlossenen Formwechsels ausreichte, bzw. wenn nicht, ob
der von diesem dann am 30.10.2014 selbst beschlossene Formwechsel -
trotz der Beurkundung durch eine italienische Notarin und als
entsprechende Bestätigung des Beschlusses vom 15.09.2014 - das
Formerfordernis einer notariellen Beurkundung in vorliegendem Kontext
erfüllen würde (§ 193 Abs. 3 S. 1 UmwG).
Letztlich
kann vorliegend auch nicht von einem fehlenden Beschluss über den
"Herausformwechsel" oder einem sogenannten "Nichtbeschluss" ausgegangen
werden, bei denen auch nach deutschem Recht von vorneherein ein
Bestandschutz nicht bestehen soll (vgl. hierzu u.a. Decher/Hoger,
a.a.O., Rn. 55 m.w.N.).
Somit kann das
Registergericht - ausgehend von der von ihm bislang nicht in Frage
gestellten Eintragung im Handelsregister in Rom/Italien - die Eintragung
der formwechselnden Umwandlung der Beschwerdeführerin unter Errichtung
der F S.r.l. mit dem Sitz in Rom unter gleichzeitiger Rötung des
Registerblattes der Beschwerdeführerin nicht aus den von ihm genannten
Gründen zurückweisen.
Lediglich vorsorglich wird
darauf hingewiesen, dass der Senat nicht zu klären hatte, ob die
Anwendung der Niederlassungsfreiheit die "tatsächliche Ansiedelung" der
Beschwerdeführerin und die "Ausübung einer wirklichen wirtschaftlichen
Tätigkeit" in Italien voraussetzt (vgl. EuGH zu VALE, a.a.O., Rn. 34, 35
und zum Streitstand in der hierzu uneinheitlichen Literatur Schön,
a.a.O., 358 ff) und auch nicht, ob, ein derartiges Erfordernis
angenommen und dessen Fehlen unterstellt, dies trotz der von dem Senat
bejahten entsprechenden Anwendung von § 202 Abs. 1 Nr. 1 und 3, Abs. 2
und Abs.3 UmwG letztlich überhaupt zu einer anderen Entscheidung führen
könnte. Das Registergericht hat nämlich eine "tatsächliche Ansiedelung"
und eine "Ausübung einer wirklichen wirtschaftlichen Tätigkeit" der
Beschwerdeführerin in Italien bislang weder angezweifelt, noch zum
Gegenstand seines angefochtenen Zurückweisungsbeschlusses gemacht. Im
Übrigen spricht auch der Inhalt der Urkunde des
Gesellschafterbeschlusses vom 30.10.2014, wonach der dort erschienene
Mitgesellschafter C einleitend die Gründe erläutert habe, die dazu
geführt hätten, den Hauptsitz "der Tätigkeit" der Gesellschaft nach
Italien zu verlegen, nicht für Zweifel in dieser Hinsicht.
Im Hinblick auf den Erfolg der Beschwerde ist das Verfahren der Beschwerde kostenfrei (§ 22 Abs. 1, 25 Abs. 1 GNotKG).