Mittwoch, 29. Mai 2019

Warum Widerruf und keine Kündigung in der bAV:

In einer Krise ist die Lage angespannt und jeder muss sich zwingen, rational zu denken.
Die Betriebliche Altersversorgung (bAV) eines Unternehmens basiert in vielen Fällen auf Lebensversicherungsprodukten, die ja insbesondere bei den Abschlussjahren 1999 bis einschließlich 2007 wegen fehlerhafter oder fehlerhafter Unterlagen oft widerrufbar sind. Dies ist das Ergebnis viele Urteile des BGH und des EuGH in den letzten Jahren, die jedoch viel zu Verbraucherseitig verwertet wurden.
Für viele Freiberufler; Selbständige, Personengesellschaften und KMUs, die keine juristischen Personen sind, also auch alle GmbH (UG) & Co KGs bietet sich in dem Widerruf eine Möglichkeit, eingezahlte Beiträge komplett zurückzuholen. Zinsen können sogar noch dazukommen.
Allein der Beweis des Zugangs der Unterlagen oder die Vorlage von Originalen stellt viele Versicherer vor nicht lösbare Probleme. Meist sind nämlich nur noch Mikroverfilmungen vorhanden. Diese genügen nicht den Anforderungen des sog. Strengbeweises nach ZPO.
Hinzu kommen noch die inhaltlichen Fehler in den Widerrufsbelehrungen, die auch in diesem Bereich den Unternehmern, die ja die Versicherungsnehmer sind, helfen können, Schätze zu heben.
Es lassen sich eine Reihe von positiven Effekten erzielen, die nur bei einem Widerruf nie aber bei einer Kündigung zutage treten.
Daher verbietet es sich für jeden Unternehmensleiter aber auch für jeden Sanierer, die bAV zu kündigen oder beitragsfrei zu stellen. Die einzig richtige Erklärung ist der Widerruf der Vertragserklärung.
Nur so sind positive Auswirkungen auf die Steuerlast, die Sozialversicherungsbeiträge und natürlich auf die Frage der Insolvenzreife des Unternehmens möglich.
Wenn nämlich der Widerruf zu Erstattungsansprüchen bei Sozialversicherungsträgern oder Finanzämtern führt, dann kann Aufrechnung erklärt und wegen der Erfüllungswirkung der Aufrechnung günstigenfalls auch der Wegfall der Strafbarkeit der Nichtabführung einzelner Nebenlohnansprüche denkbar sein.
Kommt dazu noch Geld in die Kasse, dann ist zumindest ein Teil der Krise bewältigt. 
Sprechen Sie mich an oder schreiben Sie mir eine mail: recht@insolvenzkonzept.de

Sonntag, 26. Mai 2019

Neues Folterinstrument der Vollstreckungsschuldner eingeführt

Zwangsversteigerung: BverfG zum Vollstreckungsschutz gem. § 765a ZPO:


Der Beschluss des BverfG vom 15.05.2019 2 BvR 2425/18 kann bei sorgfältiger Vorbereitung auf den Versteigerungstermin zu einem scharfen Schwert werden. Denn ein Zwangsversteigerungsverfahren dauert sowieso vom Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses in der Regel deutlich länger als 1 Jahr. In dieser Zeit kann der Hauseigentümer, der sich der Versteigerung gegenübersieht, den Einwand der Suizidgefahr lang und hinreichend intensiv vorbereiten und sogar mit dieser Drohkulisse seinen Gläubigern mehr oder weniger direkt drohen, um eine Einstellung oder eine Einigung  durchzusetzen.

Mit professioneller Hilfe von mit der Materie vertrauten Juristen (selten), kann es so gelingen, das geliebte Eigenheim nicht nur für eine gewisse Schonfrist, sondern dauerhaft aus der Haftung zu bekommen. Denn jeder neue Anlauf kostet Geld, Zeit und häufig auch Nerven des betreibenden Gläubigers. In diese Wunde Salz zu streuen, muss allerdings gelernt sein. Allein die Notwendigkeit, das auch die Gutachten für den Verkehrswert nicht allzu alt sein dürfen, ist hier kostenauslösend und wird vom versierten Prozessteilnehmer sicher ins Feld geführt werden.

Aber auch andere Folterinstrumente, die dauerhaft für einen weiteren Verbleib in dem eigenen Haus sprechen, sind denkbar. So ist zu erwarten, dass diese Rechtsprechung, welche ja auch Gutachten und Vorkehrungen im Bereich Wohnen fordert, die vom Gläubiger vorzuschießenden Kosten deutlich erhöht. Dies macht jede Zwangsvollstreckung jedenfalls im Privatbereich gleich einmal unattraktiver.

Aber auch in den Teilungsversteigerung, die ja eigentlich keine Zwangsvollstreckung ist, ist zu erwarten, dass für Verlegungsanträge und sonstige verfahrensverlängernde Anträge versucht wird, diesen Beschluss auch anzuwenden.

Es bleibt daher zu beobachten, wie die Versteigerungsgerichte auf die zu erwartenden Anträge reagieren. Im Zweifel wird wohl für denjenigen entschieden, der die mangelnde Vorbereitung gegen den Suizid wegen zu erwartender Vorkehrungen gegen Wohnungsnot oder Obdachlosigkeit anführt.