Montag, 12. Februar 2018

BGH-Urteil zur Insolvenzreife erhöht das Haftungsrisiko für Geschäftsführer

Der Bundesgerichtshof hat jüngst die Kriterien für die Insolvenzreife von Firmen verschärft. Das hat Folgen für Manager.
Für Vorstände und Geschäftsführer von Unternehmen in der Krise wird der Wind rauer. Denn der Bundesgerichtshof hat jüngst die Kriterien für die Insolvenzreife verschärft. Grundsätzlich gilt bisher schon: Die Manager müssen nach der Insolvenzordnung mit Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung sofort, spätestens nach drei Wochen, für das Unternehmen Insolvenzantrag stellen. Verschleppen sie den Antrag, machen sie sich strafbar und haften persönlich für Zahlungen, die noch aus dem Vermögen der Firma geleistet werden.
Die persönliche Haftung des Geschäftsleiters gehört zum Grundwissen von Insolvenzverwaltern. Deshalb gehen sie regelmäßig und gerne gegen Geschäftsleiter vor, um Geld für die Masse einzutreiben. Zahlungsunfähig ist ein Schuldner, wenn er nicht in der Lage ist, fällige Schulden zu begleichen. Allerdings sagt unser Gesetz nicht, wie man die Zahlungsunfähigkeit feststellt. Der Teufel steckt im Detail, und das hat für Juristen Charme.
In einem Grundsatzurteil des BGH aus dem Jahr 2005 heißt es: Zur Prüfung der Zahlungsunfähigkeit muss die am Stichtag vorhandene und die binnen drei Wochen eingehende Liquidität den zum Stichtag fälligen Schulden gegenübergestellt werden. Zur Frage, ob auch die binnen drei Wochen fällig werdenden Schulden bei der Prüfung berücksichtigt werden müssen, hatten die Karlsruher Richter aber nichts gesagt.
Daher konnte der BGH bisher so verstanden werden, dass diese Schulden außen vor bleiben. Firmen in Schieflage konnten damit eine nicht ausreichende Liquidität zum Prüfungsstichtag schönrechnen und eine Bugwelle an fälligen Schulden vor sich herschieben, solange die erwarteten Liquiditätszuflüsse der nächsten drei Wochen die Unterdeckung zumindest auf weniger als zehn Prozent der fälligen Schulden reduzieren würden.
Dieser Lesart hat der BGH nun eine Absage erteilt und klargestellt, dass neben den zum Stichtag fälligen Schulden auch die binnen drei Wochen fällig werdenden Schulden zu berücksichtigen sind. Insolvenzverwalter werden sich freuen, da sie nun leichter nachweisen können, dass das Unternehmen zahlungsunfähig war. Sanierungsberater müssen in der Krisenberatung auf diese verschärfte Rechtsprechung hinweisen.
Für die Geschäftsleiter von bereits insolventen Unternehmen, die nach dem BGH-Urteil mit einer persönlichen Haftung oder einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft konfrontiert werden, könnte es Trost geben. Denn jedenfalls kann ihnen ein Verschulden für eine verspätete Insolvenzantragstellung nicht vorgeworfen werden, wenn sie die Zahlungsfähigkeit ihrer Unternehmen nach den bis dahin aktuellen Vorgaben aus Karlsruhe berechnet haben.


http://www.handelsblatt.com/my/meinung/gastbeitraege/gastbeitrag-von-bjoern-schwencke-bgh-urteil-zur-insolvenzreife-erhoeht-das-haftungsrisiko/20952332.html?ticket=ST-1928160-1f7WFdPoyGf1SP0JLaAF-ap4

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